Was ist dieses Review nicht?
Eine relativ kurze Abhandlung über ein derart umfangreiches Gerät kann nicht den Anspruch auf Vollständigkeit oder gar eines Handbuch-ähnlichen Formats haben.
Ich möchte hier lediglich ein Gerät vorstellen, welches ich inzwischen selbst gut kenne und von dem ich überzeugt bin. Vielleicht dient mein Artikel für den ein oder anderen als Hilfe für seine eigene Kaufentscheidung, aber dieses Pult ist nicht mit anderen Digitalmischern vergleichbar, schon gar nicht mit denen, die „echte“ Bedienelemente aufweisen und hinsichtlich Design und Haptik mit konventionellen Konsolen vergleichbar sind.
Es handelt sich auch nicht um einen Verkaufsartikel oder Werbung. Ich schildere – durchaus subjektiv – meine eigenen Erfahrungen und Eindrücke von dem Gerät.
Andere mögen es hassen – ich finde es einfach toll!
Ich habe das Mischpult von meinem eigenen Geld gekauft. Insofern wurde meine Beurteilung in keiner Form durch den Hersteller beeinflusst.
Einleitung
Seit langem spielte ich mit dem Gedanken, mir mal ein digitales Mischpult anzuschaffen. Bei der Kaufvorbereitung habe ich mich echt schwergetan, da ich mir einerseits ein Budget gesetzt habe, andererseits aber bestimmte Funktionen im Gerät integriert sein sollten. Diese elende Schlepperei mit Mixer, Side-Rack für Dynamic-Processing, Effekte, Zuspieler & Co. sollte ein Ende haben. Meine Anlage sollte endlich auch „Kleinwagen-Format“ bekommen.
Ich dachte, dass meine Kriterien eigentlich nicht exotisch sind, wurde aber eines Besseren belehrt.
Folgende Punkte waren die Vorgabe:
- Preis maximal 900,00 €
- Mindestens 16 Mikrofonkanäle
- Phantomspeisung pro Kanal schaltbar
- Phasendrehung pro Kanal
- Mindestens 4 Aux-Busse
- Vollparametrischer EQ auf allen Eingangskanälen
- Grundeffekte Hall, Echo (Mit Tap-Funktion), vorhanden
- Dynamisches Prozessing (Kompressor/Limiter, Gate,) pro Kanal und auf allen Bussen einzeln
- Grafischer EQ in allen Ausgängen (Master und Aux)
- Integrierter Musik-Player
- Mehrspur-Mittschnitt auf USB möglich
- Verwendung als Mehrkanal-Soundinterface am PC möglich
- Intuitive Bedienoberfläche
- Integrierter WLAN-Hotspot für die Fernbedienung
- Fernbedienung plattformunabhängig verfügbar
Meine Wahl fiel letztendlich auf das UI24R von Soundcraft, ein Rackmischer mit ausschließlicher Bedienung über den Browser. Als ein in der Analogwelt beheimateter Tontechniker waren mir eigentlich „echte“ Fader und zumindest Regler für die grundlegenden Funktionen (EQ, Kompressor, Aux- und Effekt-Sends) wichtig, aber das absolut intuitive Bedienkonzept hat mir meine Berührungsängste genommen. Mit den oben angegebenen Kriterien gab es aber kein „echtes“ Digitalpult, welches in das von mir gesetzte Budget passt.
Eckdaten
Technologie: Digital
Frequenzbereich WLAN: 2,4 GHz und 5 GHz, nicht simultan nutzbar
Reichweite: ca. 50 Meter, mit Fremdantenne mehr
Anmeldegebühr: weltweit Anmelde- und gebührenfrei
Simultan nutzbare Zugriffe: 10
Eingangskanäle: 22, davon 20 Mikrofoneingänge
Latenz (Herstellerangabe): 3,2 Millisekunden (Alle Optionen eingeschaltet, von Input zu Output)
Integriertes Recording: sowohl 2-Track (Master)
als auch Multitrack (alle Kanäle einzeln)
Frequenzbereich: 20Hz-20kHz +/- 0.5 dB
Verzerrungen: Mic input (Min/Max gain to bus) @ 1kHz <0.005%/0.008%
Kaufgründe
Ein sehr entscheidender Grund war, dass auf der Internetseite von Soundcraft eine interaktive Demo der Software bereitgestellt wird. So war es mir möglich, mich schon im Vorfeld mit der Bedienung vertraut zu machen und die Optionen auszutesten.
Ferner gibt es bei Facebook zwei sehr aktive Gruppen, die sich mit dem beschriebenen Mischpult beschäftigen, darunter auch eine deutschsprachige. Hier konnte ich mich im Vorfeld schon informieren. Inzwischen bin ich auch Admin der deutschsprachigen User Group.
Das Konzept, dass das Pult komplett über einen beliebigen, HTML 5 fähigen Browser bedient wird, hat für mich klare Vorteile:
- Es muss keine App installiert werden.
- Je nach Betriebssystem weisen die Apps diverser Hersteller teilweise Unterschiede in der Bedienung und Optik auf.
Somit steht plattformübergreifend eine konsistente Bedienoberfläche zur Verfügung. - Nach einem Firmwareupdate müssen nicht die Apps auf den Endgeräten aktualisiert werden. Manche anderen Hersteller haben hier eine Differenz von teilweise mehreren Tagen, bevor nach einem Firmwareupdate des Pultes die Apps in den Stores aktualisiert bereit stehen.
So fehlen mitunter für einen selbst wichtige Funktionen, die die Firmware zwar mitbringt, aber die Apps noch nicht unterstützen.
- Je nach Betriebssystem weisen die Apps diverser Hersteller teilweise Unterschiede in der Bedienung und Optik auf.
- Durchgängiges, voll responsives Design. Auf jedem Endgerät kann man gut arbeiten.
- Möglichkeit, über mehrere Browserfenster (und Monitore) gleichzeitig mehrere Ansichten zu nutzen.
- Bei anderen Herstellern sind die Apps meist nur in einer einzigen Instanz nutzbar.
- So kann man sich einen „vollwertigen“ FOH-Platz mit mehreren Touchscreens aufbauen. Die benötigte Rechenkapazität ist gering, Lizenzkosten für ein Betriebssystem können gespart werden, es funktioniert auch am „RasPi“ und unter diversen Linux-Derivaten.
Aufbau
Der Mischer ist in einem 19“ Gehäuse mit 4 Höheneinheiten untergebracht und sieht mehr wie eine Stagebox, als wie ein Mischpult aus. Das hat auch seinen Grund.
Auf der Front findet man diverse Anschlüsse. Einerseits für die analogen Signalein- und ausgänge, zwei Kopfhörerbuchsen, Lautstärke-Drehregler Master Links/Rechts sowie für den Kopfhörer-Ausgang. Auch sind hier die drei USB-Anschlüsse für Wiedergabe, Aufnahme und die Verwendung als Soundinterface untergebracht. Mehr nicht!
Das erscheint auf den ersten Blick abschreckend spartanisch, man weiß das aber recht schnell zu schätzen.
Auf den beiden Seiten sind eine zweite WLAN-Antenne, eine HDMI-Buchse, zwei weitere USB-Anschlüsse (Maus, Tastatur) und die beiden Netzwerkbuchsen untergebracht. Auf der gegenüberliegenden Geräteflanke sind die Kaltgerätebuchse für die Versorgungsspannung sowie der Hauptschalter montiert.
Die Rückseite hat kleine Gummifüße, sodass der Mischer in seiner Kompaktheit als Stagebox ohne Rack direkt auf der Bühne eingesetzt werden kann und auch durchaus soll.
Access Point (WLAN)
Man hört und liest immer wieder über den angeblich grottenschlechten, integrierten Access Point.
Das kann ich nur bedingt bestätigen. Ja, die mitgelieferten Antennen sind nicht optimal. Und ja, das 2,4 GHz Band ist oft „dicht“. Auch lässt sich der AP nicht simultan auf 5 GHz betreiben, nur alternativ.
Bedenkt man aber das Konzept dahinter, so sieht man es schnell anders.
Das WLan soll nicht flächendeckend den gesamten Veranstaltungsraum „ausleuchten“, damit auch der FOH-Platz darüber Verbindung hat. Es dient, wenn der Mixer wie vorgesehen als Stagebox platziert ist, im Nahbereich (also auf der Bühne) dazu, dass sich die Musiker „mal eben“ verbinden und ihren Monitor selbst einstellen können („More Me“-Funktion). Oder, für Bands, die sich selbst mischen, den FOH-Sound eben von der Bühne aus regeln.
Fakt ist, die Reichweite ist wahrlich nicht berauschend. Aber schon ein paar Euro in anständige Antennen investiert erhöht sie merklich. Auch ein separater, professioneller Accesspoint ist nicht teuer und tut seinen Dienst. Ebenso wie eine ungenutzte FRITZ!Box oder ähnliche Heimrouter.
Ganz ehrlich: Wer sich in Zeiten des allzeit gegenwärtigen Elektrosmogs bei einem wichtigen Konzert einzig auf eine WLAN-Verbindung verlässt, ist – gelinde gesagt – mit dem Klammerbeutel gepudert. Zumindest ein Backup in Form einer leitungsgebundenen Netzwerkverbindung sollte selbstverständlich sein. Ein anständiges Netzwerkkabel mit 50 Meter Länge kostet bei der Investition in einen Digitalmischer auch nicht mehr die Welt.
Ich selbst nutze ausschließlich einen externen AP, hier frisst eine alte Fritz!Box ihr Gnadenbrot. Diese ist über eine 50 Meter lange Netzwerkleitung mit dem UI verbunden. Am FOH-Platz ist mein fester Rechner mit dieser verdrahtet angeschlossen und das WLan ist nur für das Tablet gedacht, wenn ich mich für Klangoptimierungen im Raum um den FOH bewege. Mit diesem Setup hatte ich bislang nie Probleme.
Viele Probleme mit dem WLAN können allein dadurch behoben oder zumindest begrenzt werden, in dem man den Netzwerknamen (die SSID) versteckt. Denn viele Smartphone der Besucher versuchen automatisch, sich mit dem stärksten in der Umgebung befindlichen Drahtlosnetzwerk zu verbinden.
Selbst, wenn das WLAN passwortgeschützt ist, ist der Mischer dann verstärkt damit beschäftigt, die Verbindungsanfragen zu verarbeiten. Frei nach dem Motto „die Tür, die ich nicht sehe, kann ich nicht benutzen“, versuchen es die Telefone der Gäste gar nicht erst.
Bedienoberfläche (UI)
Wie eingangs erwähnt, verbindet man sich mit einem HTML 5 fähigen Browser mit dem Benutzerinterface.
Die Oberfläche ist aufgeräumt und in mehrere Abschnitte unterteilt:
- Meterbridge
- Kanalansicht Mixing Mode
- Gainansicht für Vorverstärkung, Phantomspeisung, Phasendrehung, Umschaltung hoch-/niederohmig (Nur Kanäle 1 und 2) sowie eine Eingangsverzögerung (in Millisekunden, Metern, Fuß, Samples und Frames definierbar)
- Editiermodus (4-band vollparam. EQ, Gate, Kompressor, Effektsektion, Aux Send und Patching,
Kanäle 1 und 2 zusätzlich Amp Modelling für Gitarre/Bass) - Aux-sends (einzelne Kanäle mit Fadern zu den Aux-Bussen, sehr praktisch beim Mischen der einzelnen Monitorwege)
- Interessant ist hier der Button „Copy Mix“: Dieser kopiert die Pegel von einem auszuwählenden Aux-Bus auf den gerade aktiven. Ich nutze das oft, wenn ein Musiker sagt: „Hey, der Monitor von XY ist genau so, wie ich ihn gerne hätte!“
- FX-Sends (einzelne Kanäle mit Fadern zu den Effekt-Return-Bussen)
- Medienplayer (2-Track/Stereo)
- Settings
Es gibt oben links einen „UI“-Knopf. Über diesen kann erstens direkt mit einem Klick in den Mixing Mode geschaltet werden und zweitens auf der rechten Seite eine zusätzliche Bedieneinheit eingeblendet werden. Über diese können Mute-Gruppen und so genannte View-Gruppen eingerichtet und gewählt werden. So hat man die Möglichkeit, über Views nur bestimmte Kanäle und Busse anzeigen zu lassen. Gerade, wenn man nicht alle Kanäle nutzt, kann man hier nur die verwendeten wählen. Ich finde das sehr praktisch und nutze es rege. Auch bei Events mit wechselnden Acts kann dieses Feature echt sinnvoll sein.
Die Mutegruppen sind insofern praktisch, weil man mit einem Tipp/Klick mehrere Kanäle gleichzeitig stummschalten kann. Das kann bei manchen Konstellationen sinnvoll und hilfreich sein, ich nutze es beispielsweise bei Talkrunden mit mehreren nacheinander auftretenden Gruppen oder bei Livekonzerten für unterschiedliche Instrumentengruppen (Lead Vocals, Back Vocals, Guitars, Drums, Tasten, …)
Hier auf alles einzugehen, was das Benutzerinterface bietet, ist schier nicht möglich. An dieser Stelle empfehle ich nochmal die eingangs erwähnte Live-Demo beim Hersteller
BigD-Anzeige
Es gibt eine Oberfläche, die sich „BigD“ nennt. Diese ist nicht über den direkten HDMI-Ausgang am Mixer verfügbar, da die notwendige (Hardware-)Auflösung von diesem nicht unterstützt wird.
BigD bietet die Möglichkeit, in einer Oberfläche wählbare Optionen (Gain, Sends, Dynamic-Processing, Effekte und EQ sowie eine allgemeine Info) kompakt darzustellen. So muss man nicht erst den zu bearbeitenden Kanal anwählen, die Ansicht umschalten, um dann die Parameter zu ändern, sondern kann direkt nach Anwahl des gewünschten Kanals die entsprechenden Werte anpassen. Und das, ohne den Gesamtmix aus dem Auge zu verlieren.
Der obere Bereich des BigD zeigt permanent die Meterbridge an, der mittlere Bereich ist anpassbar und unten sind die Kanalfader fixiert. Die View-Groups sind hier weiterhin aktiv und wählbar.
Zugegeben, BigD ist praktisch, aber macht nur auf einem großen (Touch-)Screen Spaß.
Einschalten
Nach dem Einschalten lädt der intakte UI die zuletzt verwendeten Einstellungen.
Kanalbezeichnungen, Routing, EQ, Effekte, einfach so, wie es beim Ausschalten war. Auch die Phantomspeisung.
Es ist in den Settings möglich, beim Start des UI die Phantomspeisung auf allen Kanälen abzuschalten, dann lädt er die letzten Einstellungen, aber die Phantomspeisung ist dann auf keinem Kanal aktiv.
Das vermeidet Unfälle mit nicht Phantom-tauglichen Mikrofonen, ich habe es immer aktiv.
Ansonsten kann man sich ja einzelne, öfters benötigte Setups speichern und wieder aufrufen.
Feedback-Destroyer
Eine sinnvolle Einrichtung ist die Rückkopplungsunterdrückung. Sie arbeitet in zwei Modi:
- Fixed Mode
- Live Mode
Fixed Mode
Hier provoziert man bewusst während des Einpegelns (Soundcheck) mit den einzelnen Mikrofonkanälen eine Rückkopplung. Der AFS² Feedback-Eliminator erkennt die kritischen Frequenzen und setzt automatisch sehr schmalbandige Filter im Ausgangs EQ. Man spricht hier vom „Einpfeifen“ des Filters.
Live Mode
Während der Veranstaltung schaltet man in den Live-Mode. Dieser arbeitet automatisch und setzt im laufenden Betrieb bei dennoch auftretenden Rückkopplungen neu hinzugekommener Frequenzen ebenfalls Filter.
Der Feedback-Iliminator verfügt über einen Empfindlichkeitsregler. Je höher dieser eingestellt ist, desto agressiver arbeitet der Filtermechanismus. Hier muss man jedoch aufpassen, durch zu agressive Einstellung den Gesamtklang zu verschlechtern.
Ich selbst nutze gerade in kritischen Räumen die Funktion gerne. Zugegeben, das „Einpfeifen“ vorweg kostet schon etwas Überwindung und ist nichts für zu empfindliche Ohren. Aber wofür gibt es „Mickey-Mäuse“ und Othoplastiken?
Automix
Der UI24R verfügt über eine Auto-Mix-Funktion.
Gerade bei Gesprächsrunden (Talkshows, Podiumsdiskussionen, Konferenzen) müssen viele Mikrofone der Gesprächsteilnehmer entweder gesteuert, oder offen gelassen werden. Das vermindert die gesamte Klangqualität, da viele offene Mikrofone auch Umgebungsgeräusche aufnehmen, obwohl in diesem Moment unerwünscht. Alternativ dazu muss der Tontechniker das gesamte Geschehen stets im Blick haben und nicht genutzte Mikrofone stummschalten oder herunterregeln. Das kann dazu führen, dass der Anfang eines Gesprächsbeiträges hörbar eingeblendet wird.
Die Automix-Funktion simuliert hierbei den Tontechniker. Vorab werden die betreffenden Kanäle zwei Gruppen zugeordnet. Jedes Mikrofon lässt sich dahingehend einrichten, wie stark es angehoben oder abgesenkt werden soll. Ein Gesamtregler steuert die Reaktionszeit des Automixers.
Nicht benutzte Mikrofone werden ausgeblendet und beim Besprechen automatisch aktiviert.
Vom Prinzip her ist der Automix eine intelligente Verkopplung von Gate, Kompressor und Expander. Nur eben wesentlich schneller.
Sound-Interface
Schließt man den UI 24 R mittels USB an einen PC an, so kann man ihn als 32-Kanal Recording-Interface nutzen. Treiber sind auf der Herstellerwebseite verfügbar.
Recording via USB
Es besteht die Möglichkeit, über ein per USB angeschlossenes Speichermedium 22 Kanäle simultan clean, also ohne Dynamikbeeinflussung, EQ und Effekte, direkt hinter dem Gain aufzunehmen. Dies ist besonders bei Mitschnitten von Konzerten praktisch, um sie anschließend im Studio in der DAW für eine Live-Kompilation nachzumischen.
Multitrack-Recording auf USB Stick & DAW sind parallel möglich, praktisch für Backup.
„Soundcheck-Mode“
Eine sehr charmante Funktion ist der so genannte „Soundcheck-Modus“.
Dieser ist besonders hilfreich, wenn man mit dem UI Bands/Acts schon öfters gemischt hat. Dann hat man die Möglichkeit, ein zuvor gespeichertes Setup zu laden, und vom USB-Stick einen vorhandenen Multitrack-Mitschnitt zu verwenden, um den Soundcheck zu verkürzen.
Hier aber nicht vergessen, vor dem realen Soundcheck, der nach wie vor erfolgen sollte, den Soundcheck-Modus wieder zu deaktivieren, denn die einzelnen Kanäle sind sonst auf die gespeicherte Multitrack-Aufnahme geroutet, nicht auf die realen Inputs. Das sorgt schnell zu Irritationen und eventuell sogar Panik.
Media-Player
Zwei Kanäle sind mit dem USB Media-Player belegt, sofern an einem der USB-Ports ein entsprechendes Medium erkannt wurde. Somit kann man jederzeit Halb-Playback, Theatergong oder sonstige Audiodateien abspielen und zumischen. Der Media-Player unterstützt MP3, WAV und AIFF Playback.
Sämtliche Editierfunktionen, Dynamikprocessing und Effektsektion sind auch im Media-Player vorhanden. Lediglich die Gain-Einstellung ist nicht möglich, da obsolet.
Kaskadierung
Es ist möglich, zwei UI24R miteinander zu koppeln.
Man schließt die Netzwerkbuchse 1 bei beiden Mischern an einen Switch, um die Geräte weiterhin getrennt ansprechen zu können. Die zweite Netzwerkbuchse wird verwendet, um beide Mischpulte direkt miteinander zu koppeln. Über diese Leitung werden die Audiosignale ausgetauscht.
Drei Anwendungsfälle werden beim Kaskadieren von den beiden Geräten unterstützt. Je nach Verwendung sind die Mischer unterschiedlich einzurichten, näheres verrät das Handbuch.
Erweiterung Ein- und Ausgangskanäle
Die physikalisch vorhandenen Ein- und Ausgänge werden hierbei zusammengefasst und unter einer Bedienoberfläche vereint. Es stehen im Cascading Mode 2 x 26 Eingangskanäle zur Verfügung
Kanalspiegelung
Diese Option ist sinnvoll, um den einen Mischer für den FOH-Sound zu nutzen und den zweiten nur für den Monitormix.
Remote Solo
Dieses Setup ermöglicht es der REMOTE-Einheit, solo ausgewählte Kanäle über Kaskadensteckplätze an den Kanal 24 des HOST (Haupt-Mischer) zu senden. Benutzer können dann die Solos auf dem HOST oder REMOTE Ui24Rs auslösen und Solos auf dem HOST Ui24R.
Zubehör
Talkback und Solo über Netzwerk
Es gibt für Mixer der UI-Serie ein Zubehörteil, welches mich direkt überzeugt hat: Das T.L.C von SM².
Es kostet umgerechnet ca. 200 € und ist nur direkt über den Hersteller zu beziehen.
Dabei handelt es sich um ein zweiteiliges Set aus Anschlussbox am Mischpult und einem Bedienteil am FOH-Platz. T.L.C. steht einfach für Talk Listen Control.
Man schließt den Kophörerausgang des Pultes sowie ein Mikrofon, sowie Netzwerk an die Anschlussbox am Mischer an, verbindet diese über eine bis zu 100 Meter lange Ethernet Leitung (Cat. 5e reicht) und schließt Kopfhörer, Mikrofon sowie ggf. Netzwerk für den FOH-Bedienrechner an das Bedienteil an. Somit hat man die Möglichkeit geschaffen, sowohl ein Talkbackmikro, als auch einen Kopfhörer (natürlich stereo) zu nutzen. Der Mikrofoneingang an der Remoteeinheit ist symmetrisch ausgelegt, bietet jedoch keine Phantomspeisung.
Nebenbei hat man zusätzlich zu einer drahtlosen Netzwerkverbindung eine stabile, fest verdrahtete Leitung. Mein Credo: Ein Kabel ist ein Kabel!
Link zum T.L.C.: https://sound-music.com/product/sm2-tlc/
Power Conditioner
Absolut empfehlenswert ist langfristig der Einsatz des UI24R an einem Power Conditioner.
Diese Geräte „reinigen“ die Versorgungsspannung von Spitzen und unsauberen Störfrequenzen. Dadurch steigt die Soundqualität, da z.B. Einschaltknacksen von auf derselben Phase liegenden Kühlaggregaten herausgefiltert werden. Und man hat einen Schutz gegen Überspannungen.
Neben dem saubereren Klang erfreut einen das Equipment durch stabileren Betrieb und längere Lebensdauer.
Alternativ bei kleinem Setup ist eine Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) denkbar, wie man sie aus der EDV kennt. An diese schließt man die Hauptkomponenten der Signalkette an. Also Mischer, DSP-Controller/Lautsprechermanagement sowie die Endstufe(n).
Sinn ergibt hier nur eine Online-USV. Das bedeutet, dass die Eingangsspannung gleichgerichtet wird, um die Akkus zu laden. Aus der Akku(gleich)spannung wird gleichzeitig über einen Wechselrichter die Ausgangsspannung erzeugt, an der die Geräte angeschlossen sind. Somit dient der Akku(satz) wie ein riesen Kondensator und die Ausgangsspannung ist grundsätzlich sauber gefiltert. Auch wird die Ausgangsspannung bei einem Stromausfall nahtlos aus dem Akku weiterbetrieben. Offline-USVs schalten nur bei Wegfall der Eingangsspannung in den Akkubetrieb, was im Fehlerfall eine kurze Unterbrechung verursacht, was die meisten Verbraucher aber vertragen. Aber die Ausgangsspannung entspricht der Netzspannung, ist also nicht „gereinigt“.
Bei einer USV muss man aber unbedingt vorab sicherstellen, dass diese am Ausgang einen echten Sinus ausgibt. Viele USVs (die meisten) liefern eine Rechteckspannung, was nicht alle Geräte vertragen.
Fazit
Man bekommt für unter 900 € mit dem Soundcraft UI24R einen gut durchdachten und hervorragend klingenden Digital(-rack-)mischer.
An der Bedienung und am Sound gibt es nichts zu meckern, einzig die fehlende Abhörmöglichkeit über das Endgerät ist für mich ein Makel. So muss man sich entweder mit In-Ears und einer weiteren Funkstrecke für das Talkback behelfen oder man besorgt sich (lohnt sich!) das T.L.C..
Absolut überzeugen kann die Bedienoberfläche! Allein schon dadurch, dass sie über den Browser bedient wird und sich daher auf jedem Endgerät gleich anfühlt. Keine für verschiedene Betriebssysteme unterschiedlichen Apps, keine Inkompatibilitäten.
So ist das eine absolut saubere Sache! Das Design des User Interfaces ist sehr gut gestaltet, logisch aufgebaut und intuitiv bedienbar. Es fühlt sich fast schon analog an. Dadurch ist die Lernkurve gegenüber vielen anderen Digitalmischern steiler.
Die Effekte sind für die meisten Anwendungsfälle brauchbar, wenn auch nicht der Sitzreißer.
Nicht überall, wo Lexicon draufsteht, kann man Lexicon-Qualität erwarten. Will man mehr, nutzt man wie bei analogen Pulten die Möglichkeit, externe Effekte über die Auxwege einzubinden, was dann wiederum Monitorwege reduziert. Aber bei 8 Aux-Wegen sollte das zu verschmerzen sein.
Die USB-Anbindung an eine DAW ist ein praktisches Goodie für’s Studio. Mangels Bedienkonsolen mit „echten“ Fadern begrenzt sich der Mixdown eines Stückes/Albums jedoch auf das Anpassen der Automationskurve in der verwendeten Software. Nicht jeder mag das, sondern braucht die Haptik eines Faders. Im Livebetrieb ist das kein Problem für mich, im Studio sind mir Fader aber auch lieber.