Das Art-Net ist für uns alle Neuland oder war es das Internet? 🤔
Manchmal ist es mit dem Thema Internet und Netzwerk im Allgemeinen gar nicht so einfach. Auf unterschiedlichsten Ebenen kann es zu Problemen kommen. In meinem Artikel„Art-Net Debugging“ hatte ich bereits auf einige Problemfälle hingewiesen und gezeigt, mit welchen Werkzeugen diese analysiert und beseitigt werden können. In diesem zweiten Artikel liegt der Fokus mehr auf den qualitativen Eigenschaften wie Robustheit/Stabilität, Geschwindigkeit und Flexibilität.
Was ist Art-Net?
Einleitung
Unter der Robustheit versteht man, wenn ein Gerät oder System auch unter ungünstigen Bedingungen noch zuverlässig funktioniert. Ähnlich sieht es bei der Stabilität aus. Ein Gerät oder System sollte unempfindlich auch bei kleineren Störungen funktionieren. In unserem Fall bedeutet dies, die Steuerung der Bühnenbeleuchtung über Art-Net muss über den gesamten Zeitraum einer Veranstaltung ohne Störungen funktionieren. Dabei spielt natürlich auch die Geschwindigkeit eine sehr große Rolle. Wenn die Steuerung und die Reaktion der Scheinwerfer nicht zeitsynchron ablaufen, ist der Erfolg der kompletten Show gefährdet.
Wenn man den Kontext auf mobile Steuerungen (Lichtmischpult/Controller), die auf einem Tablet laufen, erweitert. Kommt noch die Flexibilität bezüglich des Standortes als weiteres Kriterium hinzu. Ich kann mich mit dem Gerät frei im Raum bewegen und zum Beispiel direkt auf der Bühne die MovingHeads positionieren oder mit den Zoom-Werten spielen. Diese Freiheit hat man mit einem stationären Lichtmischpult nicht. Doch lasst uns mit der Geschwindigkeit beginnen, da diese auch einen Einfluss auf die Stabilität hat.
Welche Geschwindigkeit bietet Art-Net?
Wenn man die Geschwindigkeit betrachten will muss man zuvor wissen, was in unserem Netzwerk passiert. Art-Net besteht aus mehreren Nachrichten für unterschiedliche Aufgaben. Die Nachricht, die am häufigsten gesendet wird, ist ArtDMX. Diese überträgt 512 Bytes für die 512 DMX-Kanäle. Mit etwas Overhead für Art-Net und Nachrichten Header kommt man auf 4,5 kBit für eine Nachricht.
Als nächstes muss man wissen, wie viele Daten pro Zeiteinheit übertragen werden. Hierzu sagt die Art-Net-Spezifikation, dass die Nachrichten permanent übertragen werden sollen, allerdings darf die Wiederholfrequenz nicht höher als bei DMX sein. DMX ist ein serielles Protokoll, was auf RS-485 basiert. Die Wiederholfrequenz liegt bei maximal 44,1 Hz. Das heißt für Art-Net, dass 4,5 kBit ca. aller 23 ms übertragen werden. Das ergibt eine Datenrate pro Universum von 198 kBit/s. Selbst bei einem langsamen WLAN (802.11b) mit nur 11 MBit/s und einer (Netto-) Durchsatzrate von ca. 1-4 MBit/s sollte die Art-Net Kommunikation für ein Universum kein Problem darstellen. Für mehrere Universen oder wenn es neben Art-Net noch weitere Kommunikation im Netzwerk gibt, könnte es hier schon eng werden.
Schwieriger sieht es da schon mit der Latenz im WLAN Netz aus. Wenn diese größer als 100ms ist, wird es schwierig mit der Zeitsynchronität. Folgende Werte haben die Messungen in meinem Netzwerk ergeben:
- 30 – 120ms: Art-Net, Lichtmischpult über WLAN
- 2-4ms: Art-Net, Lichtmischpult über LAN
Diese Messungen kann man relativ einfach selber im eigenen Netzwerk machen. Von einem PC (Mac, Windows oder Linux) geht das mit dem ping Kommando. Es gibt aber auch App-basierte Lösungen. Ich verwende z.B. die Fing App. Die gibt es für Android und iOS.
Robustheit/Stabilität von WLAN Netzwerken
Auch bei dem Thema Robustheit und Stabilität sieht es bei WLAN-basierten Netzwerken nicht so optimal aus. Die Qualität des Netzwerkes ist sehr stark abhängig von anderen Funkquellen in der näheren Umgebung. Denn diese haben einem massiven Einfluss auf Störungen durch Überlagerung von Funkwellen. Hierbei gibt es zwei Störungsszenerien. Zum einen gibt es eine Fehlerkorrektur auf Netzwerkebene (OSI-Schicht 2). Diese beeinflusst „nur“ die Geschwindigkeit. Ein weiteres Problem gibt es auf der Transportschicht (OSI-Level 4). Da die Art-Net Kommunikation auf UDP basiert, gibt es keine eingebaute Erfolgskontrolle wie z.B. bei TCP. D.h. Nachrichten werden nach dem „Fire-and-Forget“-Prinzip rausgeschickt, ob sie wirklich ihr Ziel erreicht, kann man nicht feststellen. Außer natürlich, wenn die Scheinwerfer aus bleiben 🙈.
Was oft auch vergessen wird. Es stören nicht nur die stationären WLAN-Hotspots in der Nähe. Auch das Publikum bei einem Konzert oder bei einer Party mit eingeschaltetem Hotspot im Smartphon stört die Kommunikation. Bei hochwertigen WLAN-Routern z.B. der Fritzbox bekommt man einen sehr guten Einblick über die Netzwerkqualität. Hier kann auch auf freie Kanäle oder Frequenzbereich ausgewichen werden, wenn es notwendig ist. Bei „All-In-One“-Geräten (WLAN/Art-Net/DMX) hat man diese Flexibilität oft nicht. Auch weiß man bei Problemen nicht, was denn nun die Ursachen sind und wie diese gelöst werden können. Darum befürworte ich immer separate Geräte, die für ihren Einsatzzweck spezialisiert sind. D.h. ein separaten WLAN-Router oder Switch und separate Art-Net-DMX-Wandler. Die folgende Grafik zeigt dazu ein schematischen Systemaufbau.
WLAN oder LAN – Was sollte ich für die Lichtsteuerung verwenden?
Doch wenn WLAN so viele Probleme mit sich bringt, warum verwenden wir es dann überhaupt? Dafür gibt es zunächst einmal 2 Antworten.
- WLAN ist die primäre Kommunikationsschnittstelle auf einem mobilen Gerät z.B. iPad.
- Durch die Mobilität erhält man auch die Flexibilität, die bereits in der Einleitung erwähnt wurde.
Doch auch dafür gibt es zwei relativ einfache Lösungen. Für das iPad gibt es einen LAN-Lightning-Adapter von mehreren Anbietern. Mit diesem kann man das iPad mit dem Router oder Switch per Ethernet-Kabel (RJ45) verbinden und erhöht auf einen Schlag die Geschwindigkeit, die Robustheit und die Stabilität.
Ist der Adapter mit dem iPad verbunden, kann man ihn in den Netzwerkeinstellungen konfigurieren.
Da dies eine betriebssystemseitige Funktion ist gehe ich davon aus, dass alle Lichtsteuerungs-Apps damit umgehen können. Genau weiß ich es von Luminair und natürlich von StageLight. Ist das iPad per LAN-Kabel verbunden sieht man es in StageLight an dem LAN-Icon anstelle des WLAN-Icons.
Bleibt noch der 2. Punkt mit dem Thema Flexibilität bezüglich des Standorts. Aber auch das können wir relativ einfach lösen indem wir WLAN und LAN kombinieren.
Was heißt das jetzt konkret?
Wir verwenden WLAN im „Programmer-Modus“, d.h. wenn wir die Szenen und Effekte für die Bühne einrichten. Hierzu können wir uns frei auf oder vor der Bühne bewegen. Im „Live-Modus“ verwenden wir dann LAN wegen der besseren qualitativen Eigenschaften. Damit haben wir einen sehr guten Kompromiss aus Flexibilität, Robustheit/Stabilität und Geschwindigkeit.
Broadcast oder Unicast
Noch ein kleiner Nachtrag zum Thema Geschwindigkeit. Wenn man mehrere DMX-Universen verwendet, ist das Versenden der Art-Net-Nachrichten an alle Teilnehmer im Netz via Broadcast, nicht die beste Wahl. Selbst die Controller, die die Nachrichten aussenden, würden diese empfangen. Die aktuelle Art-Net Spezifikation sieht daher vor, dass die ArtDMX-Nachrichten per Unicast gesendet werden sollen, also nur an die IP-Adresse des entsprechenden Gerätes. Aber in vielen Lichtpulten ist Broadcast der Defaultwert. In der StageLight App kann das z.B. in der Konfiguration der Universen angepasst werden.
Mein Fazit
Als Fazit möchte ich die wichtigsten Punkte des Artikels aus meiner Sicht als kleine Merkliste hier aufzählen:
- Verwende LAN im produktiven Einsatz
- Verwende WLAN für das Erstellen von Szenen und Effekten wegen der größeren räumlichen Flexibilität.
- Verwende Unicast anstelle von Broadcast bei mehreren Universen
- Wenn du WLAN verwenden willst oder musst stelle sicher, dass die Qualität nicht zu stark beeinflusst wird.
Ich hoffe, ich habe das Thema ausführlich erklärt. Wenn ihr Fragen, Anregungen und eigene Tipps habt, schreibt es mir gern in die Kommentare.