Was ist ein Technical Rider? – Wenn Bands „Wünsch dir was“ spielen

Was ist ein Technical Rider? - Wenn Bands wünsch dir was spielen

In unserer Branche sind wir „möglich macher“. Der Kunde hat im besten Fall eine Idee, eine grobe Vorstellung wie seine Veranstaltung aussehen soll und wir setzen diese technisch (oder – für die DJ’s unter uns – auch musikalisch) um.

Oft geht es dabei aber nicht nur um die Vorgaben unseres Kunden. Es sind auch andere involviert. Caterer, Künstler, Musiker … Die Liste kann beliebig verlängert werden. Ein besonderes Augenmerk richtet dieser Beitrag auf die Künstler und ihre Technical Rider. Ein Technical Rider (dt.: Technischer Fahrer) gibt uns Vorgaben, wie die technischen Gegebenheiten für den oder die Künstler vor Ort auszusehen haben.

Meinen Job mache ich nun seit über 10 Jahren und immer noch finde ich in Ridern Punkte, die mich überraschen oder mit einem Fragezeichen zurücklassen. Davon handelt dieser Beitrag.

Für mich sind Technical Rider Fluch und Segen zugleich. Zum einen bin ich als „Möglichmacher“ dankbar dafür, dass mir kommuniziert wird, was der Künstler von mir benötigt um seinen Job gut zu machen.

Hierbei sei zu erwähnen, dass diese Punkte meistens auch eine sichere Einnahmequelle sind da man dem Kunden immer kommunizieren kann, dass diese Posten auf dem Auftrag Wunsch der Band sind.

Zum anderen stresst es mich jedoch regelmäßig. Hauptsächlich deshalb, weil es keine „Form“ der Rider gibt. Also keine einheitliche Norm. Wenn jemand eine Bewerbung schreibt dann weiß man meistens wie man diese zu formatieren hat. Anschreiben, Lebenslauf, Anhänge – fertig.

Gibt es den perfekten Rider?

Bei Ridern habe ich mittlerweile alles erlebt. Von „nicht vorhanden“ über reine Zeichnungen bis hin zu den Meisterstücken die auch bei der Hochzeit mit 100 Gästen eine Liste durchschicken, als würden sie die nächste Arena voll machen (und beschallen und beleuchten) inkl. Essenswünschen, Unterhaltungsprogramm im Backstage und Hotelhinweise. Keine der beispielhaft genannten Rider ist für mich besonders hilfreich.

Was macht einen guten Rider aus?

Für mich ist ein guter Technical Rider einer, der mir kommuniziert:

1. Was machen wir überhaupt?

  • Wer seid ihr, was macht ihr auf der Bühne? Ganz grob, auf was kann ich mich einstellen.

2. Was brauchen wir dafür?

  • Bühne? Wie groß? Wie hoch? Mit/Ohne/Egal Teppich? PA? Licht? Monitoring, Mikrofonie? Instrumente? Helfer? Licht- und Tontechniker? Strom?

3. Was bringen wir mit?

  • Habt ihr eigene Mikrofone? Stative? Instrumente? Es Pult/Techniker?

4. Eine Zeichnung der Bühne mit Positionen

5. Patchliste

  • (gerade wenn die Band einen eigenen Mischer mitbringt, aber an einem gestellten Pult arbeitet)

6. Anmerkungen, Wünsche

  • Was kann der Techniker tun, dass ihr glücklich seid?
Kurz gesagt: Ein guter Rider sorgt dafür, dass ich auf einen Blick weis, was Sache ist.
Leider kommt es viel zu oft vor, dass das nicht möglich ist.

Was also tun? Die Antwort ist einfach: Nachfragen!

Dabei sollte man beachten, dass dies der erste Kontakt zwischen Technik und Band ist. Wir sind ja immer noch Dienstleister. Ein Anruf nach dem Motto „Euer Rider ist kacke und das lasse ich euch jetzt spüren“ bringt (oh Wunder) niemanden weiter.

Man sollte sich seine Fragen konkret vorher notieren. Was ist unklar, was benötige ich für meine Planung/mein Angebot? Natürlich kann man der Band auch den Vorschlag freundlich unterbreiten, diese Punkte doch in den Rider aufzunehmen.

Sehr amüsant finde ich einen Punkt, der leider nicht gerade selten vorkommt. Man ruft die Band an nachdem man sich ausführlich mit dem Rider beschäftigt hat und fängt an die Punkte im Telefonat zu besprechen und plötzlich die Anmerkung der Band „Oh, ich glaube du hast unsere alte Rider-Version.“.
Das ist natürlich der Worst-Case. Wenn man dann aber alle Informationen zusammen hat, kann man Bedingungen schaffen in den die Künstler/Band gut arbeiten kann. Im besten Fall bekommt das auch der Kunde durch ein Feedback der Künstler mit.

„Wir spielen ausschließlich über Anlagen von d&b, Meyer Sound und L’Acoustics“

Manchmal – und nicht gerade selten – habe ich das Gefühl, für Bands ist das Schreiben des Riders wie das Schreiben des Wunschzettels ans Christkind. Versteht mich nicht falsch: Wenn ich die Qualität meiner Darbietung in fremde Hände lege dann müssen selbstverständlich bestimmte Dinge stimmen.

Zudem sind für mich diese Bands immer noch wesentlich professioneller als die Band, die auf jedenfall ihre eigene Anlage aufstellt und sich selber mischt weil sie der Meinung ist das funktioniert auf der Firmenparty mit 500 Personen genau so gut wie mit der Anlage von der letzten Hochzeit. Im besten Fall natürlich ZUSÄTZLICH zur bereits gestellten Tonanlage des technischen Dienstleisters.

Bei besagten Fall denke ich aber immer an meine erste Erfahrung im Coaching die mir sagte: „Finde die Bedingungen deines Gegenübers heraus. Und Bedingungen sind immer verhandelbar“. Und so halte ich es auch mit den Ridern. Alles ist verhandelbar. Man muss nur miteinander reden. Die meisten Künstler schreiben hohe Bedingungen in ihre Rider um den Garagenverleiher direkt mal auszuschließen und ich halte das auch für in Ordnung.

Meistens ist es so, dass ich im Gespräch Vertrauen aufbaue. Im besten Fall bekommt man ein Feedback wie „ach, ihr macht das schon.“. Das ist natürlich super. Am liebsten verkaufe ich natürlich das Material, welches ich eh im Lager habe. Den meisten Bands ist es egal ob vorne RCF, d&b, db, Meyer Sound, JBL, L’Acoustics, HK oder TWAudio steht solange sie euch vertrauen, dass ihr richtig damit umgehen könnt.

Das schließt natürlich nicht aus, dass es auch sein kann, dass bestimmte Punkte nicht verhandelbar sind. Aussagen wie: Wir spielen nicht auf XY (zum Beispiel Eigenbauten) sollten eingehalten werden. Selbiges gilt auch für Mikrofonie. Alleine aus dem Grund, dass die Bands sich diese Vorgaben schriftlich zusichern lassen und bei nichteinhalten auch schon mal einen Gig platzen lassen würden. Selbiges ist mir zwar noch nie passiert, ich will es aber nicht pauschal ausschließen.

Hier sei noch angemerkt: Haltet Änderungen am Rider schriftlich fest. Es muss nicht die Vertragsform mit beidseitiger Unterschrift sein. Aber es ist immer gut bei eventuellen Unstimmigkeiten auf einen Emailverlauf verweisen zu können.

Riderfähig

Von Rider fähigem Material spricht man von Material, dass durch die Bank weg von so gut wie allen akzeptiert wird. Hierbei seien die berühmten drei Anbieter d&b, L’Acoustics und Meyer Sound zu nennen. Abgestuft dahinter kann man mit Sicherheit noch ProAudio, TWAudio und noch ein paar weitere nennen. Dies ist aber meist stark regional abhängig.Wie bereits einmal angeklungen möchten die Bands mit höheren Anforderungen meist die vielerorts aktiven Garagenverleiher aussortieren (Anmerkung: Wir arbeiten mit TWAudio und haben unser Lager selbst in einer ehemaligen großen Garage *räusper*).

Wer Material der oben genannten drei Anbieter im Lager stehen hat, hat meist mit Sicherheit auch genug Erfahrung, Know-how und Kompetenz auf entsprechenden Level zu arbeiten (und ja, auch da gibt es Ausnahmen). Ich möchte hier gar nicht die „Garagenverleiher“ diskreditieren.

Jedoch muss man sich auch vor Augen führen, dass solche Anforderungen meist auf schlechten Erfahrungen auf Seiten der Band beruhen und man sollte sich selbst ehrlich gegenüber sein ob man wirklich über die entsprechende Erfahrung und Sicherheit verfügt, die Künstler entsprechend zu Supporten. Probleme mit dem Material, ein unrunder Soundcheck, Probleme mit der Pultbedienung und vieles mehr kosten am Ende eher mehr, als der Job bringt.

Der Einstellungstest

Vielleicht hat es der Eine oder andere bereits einmal erlebt. Aber Künstler können manchmal ganz schön gemein sein. So schrieb mir eine Band einmal einen Mikrofontyp mit Schalter auf den Rider, welches ich nirgendwo finden konnte. Ich rief also bei der Band an und fragte nach mit dem (mir als Techniker sehr peinlichen) Hinweis, dass ich das besagte Mikrofon nicht anbieten könne.

Darauf antwortete mir der Techniker der Band, dass das sehr gut möglich sei. Es gäbe dieses Mikrofon nämlich nicht. Es war nur ein Test um zu prüfen wie genau wir uns die Anforderungen durchgelesen und bearbeitet hätten.

Ähnlich Skurril war die Anforderung eines Künstlers nach einem Staubsaugroboter im Backstage. Auch dies war nur ein Test wie mir der Künstler am Telefon verriet. Trotzdem hätte er bei dem ein oder anderen Kunden bereits Staubsaugerroboter auf und hinter der Bühne angetroffen.

WTF, was ist da denn passiert?

Ich erinnere mich gerne an einen Rider den ich im Rahmen eines kleinen Rock- und Hip-Hop Festivals zu Gesicht bekam. Dieser beinhaltetet auch die Backstagewünsche der Künstler. Für ein Rapp-Duo wurden hier (kein Witz) 48 Dosen RedBull, 2x 0,75 Jack Daniels, 6x 1,5L Cola, 2x 1L Vodka, 6 Flaschen Sekt, 2 Flaschen Champagner, Eiswürfel u.v.m. gefordert. Der Knaller war jedoch die Anforderung im Technical Rider:

„1x Lichttechniker, nüchtern bis Veranstaltungsende, 1x Tontechniker, nüchtern bis Veranstaltungsende“. Das finde ich ja nicht gerade fair ;-). Zum anderen fragt man sich sofort, ob sich die Künstler regelmäßig für daheim ausstatten lassen um das einkaufen zu sparen oder ob nach der Show die hübschesten Groupies Backstage abgefüllt werden (würde den Sekt erklären).
Ganz nebenbei sei hier angemerkt, dass alkoholisierte Personen auf einer Bühne nichts zu suchen haben – in dem Wissen dass die Realität anders aussieht.

Fazit

Bis es die „Rider DIN-Norm“ gibt wird es wohl noch eine Weile dauern – wenn überhaupt, denn so etwas ist überhaupt nicht in Planung. Bis dahin gilt: Keine Angst vor dem Rider. Wenn ihr euch sicher seid, dass ihr über genügend Erfahrung, Material und Know-how verfügt die Darbietung eines anderen von euch abhängig zu machen, dann sprecht mit den Künstlern. Auch wenn auf dem Rider erstmal nur d&b-Material steht. Bedingungen sind verhandelbar.

Wichtige Begriffe im Zusammenhang mit einem Technical Rider

Keys – Keyboard

Piano – Klavier

Tr – Trompete

Trb – Trombone

Reed – Blasinstrumente wie Querflöte, Klarinette….

Drum – Schlagzeug, meist bestehend aus mehreren Kanälen (Kick oder Base, Snare, Hihat, Tom 1-3 und Overhead).

 

Weitere Begriffe findet ihr auch in unserem stage223 VT-Lexikon

Über den Autor

Patrick Fischer
Mein Name ist Patrick Fischer, ich bin Inhaber von Dosoni Veranstaltungstechnik aus der Nähe von Stuttgart. Meinen ersten Kontakt zu Veranstaltungstechnik hatte ich in einem "Zirkus-Camp" bei dem ich im Alter von 9 Jahren die Lichttechnik steuern durfte (damals noch ausschließlich PAR-Lampen). Das Erlebnis, ich drücke einen Knopf und woanders passiert etwas begeistert mich bis heute. Ich bin 29 Jahre alt und habe seit meinem 13. Lebensjahr, wie viele in unserer Branche, meine ersten Erfahrungen mit Licht und Ton in der Schule gesammelt. Eine VT-AG gab es erst nach meinem Abschluss. Bis dahin haben wir auf eigene Faust Schulmusicals und Abschlüsse betreut. Nach der Schule absolvierte ich eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann, arbeitete als solcher 5 Jahre und war gleichzeitig nebenberuflich in der Technik tätig. 2013 reduzierte ich meinen Hauptjob auf 50% und bereitete mich auf meine Externenprüfung zur Fachkraft VT vor. Diese absolvierte ich und mache mich damit Anfang 2014 100% selbstständig. Heute habe ich mehrere Festangestellte und Firmenfahrzeuge sowie einen umfangreichen eigenen Mietpark mit dem wir über 300 Veranstaltungen im Jahr mit unserer Technik ausstatten. Nachwievor bin ich auf fast allen Aufträgen mit vor Ort und immer noch begeistert es mich wenn ich an meinem Pult einen Knopf drücke und auf der Bühne passiert etwas.