Interview
Was passiert, wenn ein Moment Unachtsamkeit das Augenlicht bedroht? Anke Schierenbeck arbeitet seit vielen Jahren in der Veranstaltungstechnik und erzählt, wie ein gewöhnliches Shootout mit Movingheads fast zur Katastrophe wurde. Im Gespräch mit Jan Pörtner und Nico vom Stage Talk Podcast berichtet sie offen über Ursachen, Symptome und die psychische Belastung einer Netzhautverletzung.
Jan: „Anke, magst du einmal erzählen, wie es damals passiert ist?“
Anke: „Ja. Das war bei einem Shootout im Februar 2023, also einer Vorführung verschiedener Movinghead-Scheinwerfer in einem Theater. Ich saß in der zweiten Reihe, etwa drei Meter entfernt. Ein Kollege hat beim Bedienen versehentlich den falschen Knopf gedrückt, das Gerät hat sich blitzartig zu mir gedreht – und ich hatte keine Chance, den Lidreflex rechtzeitig auszulösen.“
„Ich dachte erst, es sei nichts Schlimmes“
Nico: „War dir sofort klar, dass das ernster ist?“
Anke: „Überhaupt nicht. Ich habe nur gemerkt: Uff, das war doller als sonst. In unserem Beruf ist es leider normal, dass man mal geblendet wird und ein paar Stunden so einen Fleck sieht. Aber vier Tage später wurde der Fleck nicht heller, sondern immer dunkler – am Ende war es ein brauner Donut mitten im Sichtfeld.“
Jan: „Wie war die Diagnose beim Augenarzt?“
Anke: „Schockierend. Die Netzhaut war komplett abgehoben, wie ein Vulkan. Es waren richtige Brandblasen zu sehen. Mein Augenarzt sagte, er habe so etwas noch nie gesehen. Das passiert normalerweise nur bei einer Sonnenfinsternis-Erblindung.“
„Psychisch kaum auszuhalten“
Nico: „Wie bist du mental damit umgegangen?“
Anke: „Gar nicht. Ganz ehrlich: Man denkt nur, vielleicht bin ich bald blind. Ich wusste monatelang nicht, ob die Netzhaut vollständig abreißt. Ich konnte nicht mehr fotografieren, was mein größtes Hobby war. Und weil der Fleck ständig im Sichtfeld war, konnte ich nicht abschalten. Ohne meinen Mann und meine Familie hätte ich das nicht durchgestanden.“
Jan: „Hat sich dein Sehen wieder erholt?“
Anke: „Teilweise. Der Heilungsprozess hat über ein Jahr gedauert. Heute habe ich Vernarbungen, die nicht mehr weggehen, und einige blinde Flecken im Sichtfeld. Meine Augen reagieren außerdem empfindlicher auf Blendung.“
Nico: „Was muss sich ändern, damit sowas nicht mehr passiert?“
Anke: „Vor allem Bewusstsein. Viele wissen gar nicht, dass schon relativ schwache Movingheads gefährlich sein können. In den Bedienungsanleitungen steht: ‚Starren in die Leuchte bei unter 30 Metern Abstand vermeiden‘. Aber realistisch gesehen passiert das ständig – auf Messen, bei Shootouts oder Stadtfesten.
Geht zum Arzt, wenn euch etwas komisch vorkommt. Meldet Arbeitsunfälle sofort. Und: Nutzt euer Hirn. Es muss nicht immer heller, schneller, lauter sein. Ich rede öffentlich darüber, weil ich will, dass es niemand anderem passiert.“
„Jetzt reinhören: Der ganze Talk im Podcast“
Das Gespräch wurde für diesen Artikel sprachlich angepasst und verkürzt. Willst du das kompletten Erfahrungsbericht von Anke? Dann höre die Stage Talk Podcast-Folge mit Anke Schierenbeck!
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