Lichttechnik, die weiterdenkt – Natalie Held über Lichtentwicklung zwischen Bühne, Labor und Praxis

Natalie Held zusammen mit Scheinwerfern von LC Pro | Foto: Natalie HeldNatalie Held zusammen mit Scheinwerfern von LC Pro | Foto: Natalie Held
Interview

Wie kommt man in die Veranstaltungstechnik – und was bedeutet es, als Frau in einem überwiegend männlich geprägten Berufsfeld Fuß zu fassen? Natalie Held hat sich diese Fragen nicht nur selbst gestellt, sondern sie auch mit Mut, Offenheit und handfester Kompetenz beantwortet. In unserem Gespräch mit ihr ging es um ihren Einstieg in die Branche, die Leidenschaft für Licht, technische Herausforderungen – und darum, warum Teamgeist und Humor in der Veranstaltungstechnik manchmal wichtiger sind als das beste Setup.

Ein sehr ehrliches Interview über Lichtdesign, Lampenfieber und das, was bleibt, wenn die Show vorbei ist:

Jan: Natalie, du bist heute bei LC Professional für die Entwicklung von LED-Scheinwerfern zuständig – aber dein Weg dahin war kein klassischer. Wie hat das bei dir angefangen?

Natalie: Ich habe tatsächlich Medientechnik studiert – da war viel mit Elektronik, aber auch ein bisschen Veranstaltungstechnik dabei. Und ich hab in einem Tonstudio gearbeitet und Musik gemacht. Ich war auf Tour als Musikerin – das war der Einstieg in die Veranstaltungsbranche. Irgendwann bin ich dann über einen ehemaligen Kollegen bei LC Professional gelandet.

Nico: Und jetzt bist du dort voll in der Produktentwicklung drin?

Natalie: Genau. Ich habe als Entwicklerin angefangen und inzwischen bin ich im Produktmanagement. Ich habe mich irgendwann entschieden, mehr am Produktdesign mitzuarbeiten – das ist so ein bisschen meine Leidenschaft geworden.

Zwischen Testlabor und Bühne – wenn Ideen zum Produkt werden

Jan: Wie sieht dein Job heute konkret aus?

Natalie: Ich betreue die Produktentwicklung – also vom allerersten Konzept bis zum fertigen Produkt. Ich überlege: Was wollen unsere Kunden eigentlich? Was können wir technisch leisten? Und wie setzen wir das so um, dass es auch wirtschaftlich Sinn ergibt?

Nico: Und wie nah ist das noch an der Bühne?

Natalie: Sehr nah. Ich spiele ja immer noch Musik – nicht mehr ganz so viel wie früher, aber ich stehe regelmäßig auf der Bühne. Das hilft total. Ich weiß, wie es ist, wenn du im Club stehst und denkst: Warum hat diese Lampe jetzt kein Menü, das man versteht?

die AIRTON Airways gezeichnet von Natalie | Grafik: Natalie Held
die AIRTON Airways gezeichnet von Natalie | Grafik: Natalie Held

Wenn der Lüfter stört – Kühlung, Lautstärke und andere Baustellen

Nico: Einer deiner Schwerpunkte ist ja Thermik – kannst du erklären, warum das bei Scheinwerfern so ein großes Thema ist?

Natalie: Ja klar. Je mehr Leistung du rausballern willst, desto heißer wird das Gerät. Gerade bei IP65-Geräten, die keinen offenen Luftaustausch haben, ist das eine echte Herausforderung. Du musst die Wärme ableiten, ohne dass du riesige Lüfter brauchst – weil Lüfter machen Lärm. Und wenn du dann im Theater stehst und es ist mucksmäuschenstill, hörst du jede Umdrehung.

Jan: Und wie testet ihr sowas?

Natalie: Wir haben Klimakammern, in denen wir die Geräte auf 40 °C Umgebung bringen. Dann gucken wir: Wie verhält sich das Teil, läuft der Lüfter durch oder geht’s auch ohne? Wir rechnen das vorher mit Simulationen durch – aber die Realität ist manchmal härter als die Theorie.

PWM, CRI, IP – was Profis wirklich brauchen

Nico: Es gibt ja so ein paar Kürzel, die in der Branche rumschwirren – PWM, CRI, IP-Rating. Was davon ist dir besonders wichtig?

Natalie: Also PWM – Pulsweitenmodulation – ist extrem wichtig, wenn du im Film- oder Broadcastbereich arbeitest. Wenn die Kamera flackert, weil die Lampe zu langsam dimmt, hast du ein Problem. Wir haben deshalb Geräte mit PWM-Frequenzen bis zu 25 kHz.

Jan: Und wie sieht’s mit IP65 aus?

Natalie: Klar, IP65 ist für Outdoor Gold wert. Aber es bedeutet auch: Du kannst nicht mehr einfach Luft reinschicken und rauslassen – das verändert das komplette Thermomanagement. Du brauchst Materialien, die nicht spröde werden, Dichtungen, die ewig halten – das macht’s komplizierter, aber auch spannender.

Reparieren statt wegwerfen – warum Nachhaltigkeit bei der Platine anfängt

Nico: In deinem Interview hast du auch über Nachhaltigkeit gesprochen – was heißt das für euch konkret?

Natalie: Für uns heißt das: Modularität. Wenn ein Bauteil kaputt geht, will ich nicht das ganze Gerät wegwerfen müssen. Unsere Platinen sind so gebaut, dass du sie tauschen kannst – und wir haben ein eigenes Lager, in dem wir Ersatzteile auch Jahre später noch vorhalten.

Jan: Das klingt nach einem bewussten Gegensatz zum Markt.

Natalie: Ist es auch. Viele Produkte kommen aus China und sind auf kurze Lebensdauer gebaut. Wenn du Glück hast, bekommst du noch ein Netzteil – wenn nicht, Pech gehabt. Wir wollen, dass unsere Geräte zehn Jahre durchhalten – und das geht nur, wenn du vorausschauend entwickelst.

Kein Menü von der Stange – warum gute Software den Unterschied macht

Nico: Was ist für dich ein typisches „Pain Point“ bei Lichttechnik?

Natalie: Menüs. Es gibt so viele Produkte da draußen, bei denen du denkst: Wer hat sich das ausgedacht? Drei Buchstaben, acht Modi, keiner weiß, was gemeint ist. Wir schreiben unsere Firmware selbst. Wenn jemand sagt: „Ich verstehe das Menü nicht“, dann ändern wir das. Punkt.

Jan: Und was macht ihr anders?

Natalie: Wir holen uns Feedback. Wenn jemand auf einer Messe sagt: „Das nervt“, dann notiere ich mir das. Und wenn ich wieder zurück bin, überlegen wir: Können wir das verbessern? Ich will, dass du das Gerät aufbaust, anschaltest – und es einfach funktioniert.

Warum Zuhören zur besten Entwicklungsstrategie wird

Nico: Du hast es schon erwähnt – ihr steht viel im Austausch mit Anwender:innen. Wie wichtig ist das?

Natalie: Extrem wichtig. Ich war neulich bei Subway to Sally – ich hatte unser Gerät dabei, die haben’s ausprobiert. Und dann kamen die Rückmeldungen: „Könnt ihr das Menü invertieren?“ – klar, bauen wir rein. Das ist direkte Entwicklung mit den Leuten, die’s benutzen.

Jan: Gibt’s etwas, das du der Branche mitgeben möchtest?

Natalie: Mehr Miteinander. Ich hab das Gefühl, wir als Branche sind total offen, helfen uns gegenseitig – das ist was Besonderes. Und ich wünsche mir, dass wir diesen Geist beibehalten. Technik ist wichtig – aber Menschlichkeit noch mehr.

Jetzt reinhören – das ganze Gespräch im Podcast

Wir haben das Gespräch hier auf den Punkt gebracht, wer also nun noch tiefer in die Themen einsteigen will – vom PWM-Flackern über passive Kühlung bis zur Menüführung – dem sei das komplette Gespräch mit Natalie im Stage Talk Podcast ans Herz gelegt.

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